Für die meterspurige Lokalbahnstrecke Alsenz-Obermoschel wurden zur Streckeneröffnung am 1.10.1903 zwei 2-achsige Tenderloks der Gattung L2 mit den Betriebsnummern XXIII und XXIV beschafft. Es waren zwei von insgesamt nur fünf baugleichen Lokomotiven, welche die Pfalzbahn bei der Lokomotivfabrik Krauss & Co. in München in den Jahren 1903 und 1905 bauen ließ. Die rund 6 m langen und 15 t schweren Loks erreichten eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h.
Die beiden Obermoscheler Loks trugen die Namen KLINGBACH und REHBACH, die drei anderen wurden auf die Namen GEINSHEIM, FREISBACH und WEINGARTEN getauft. Die Benennung der Pfälzischen Lokomotiven nach Persönlichkeiten, Städten, Bergen oder Flüssen war in der damaligen Zeit üblich. Die genannten Namen beschreiben Ortschaften und Bäche aus dem Gebiet der Südpfalz bei Neustadt/Weinstraße und Landau.
Ursprünglich unter pfälzischer Bahnverwaltung mit den Betriebsnummern XXIII bis XXVII unterwegs, wurde den Lokomotiven später bei der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft die Ordnungsnummern 99 001 bis 99 005 zugewiesen. Der Einsatz der Loks XXIII KLINGBACH (99 001), XXIV REHBACH (99 002) und XXVII WEINGARTEN (99 005) bzw. 99 003 (ex XXV GEINSHEIM) und 99 004 (ex XXVI FREISBACH) auf der Obermoscheler Strecke ist durch Fotografien belegt. Somit waren alle Maschinen irgendwann einmal auf unserer Strecke eingesetzt. Die Maschinen versahen u.a. auch auf der 1905 eröffneten Strecke Speyer-Geinsheim ihren Dienst.
Auf einem alten Foto, vermutlich um das Jahr 1920 am Bahnhof Obermoschel entstanden, ist auch eine B-Kuppler-Lok mit der ursprünglichen Betriebsnummer XXX (später DRG 99 011) zu sehen. Von der Lokomotivfabrik J.A. Maffei als Einzelstück im Jahr 1910 gefertigt, war sie wohl nur zur Probe oder als Ersatz kurzfristig auf unserer Strecke eingesetzt.
Ab dem Jahr 1931 wurden die Maschinen nach und nach ausgemustert. Lok 99 004 erreicht die längste Betriebszeit und versieht ihren Dienst bis ins Jahr 1945. Nach den noch vorhandenen Daten und Fakten ist davon auszugehen, dass keine der Lokomotiven der Nachwelt erhalten geblieben ist. Sie sind, wie auch in einer Notiz aus dem Werkblatt des Reichsbahn-Ausbesserungswerkes Kaiserslautern vom 5. Februar 1938 vermutet wird, leider wohl alle verschrottet worden.
Für den Personentransport standen zum Betriebsbeginn zunächst je 2 zweiachsige Personenwagen und Packwagen mit Postabteil zur Verfügung. Ergänzt wurden diese später (1904 und 1907) durch zwei aus ehemaligen Akkumulatortriebwagen umgebaute Personenwagen mit Drehgestellen. Für den Güterverkehr wurden je zwei offene und geschlossene Schmalspur-Güterwagen eingesetzt.
Eine Besonderheit waren noch vier so genannte Rollschemelwagen, mit denen normalspurige Güterwagen in der Station Alsenz auf einem speziellen Übergabegleis „huckepack“ abgeholt, in Obermoschel auf eigens dafür gebauten Normalspurgleisen abgesetzt und erst dann ent- und auch wieder beladen wurden. Diese Art des Wagenladungsverkehrs wurde nach der Einstellung der Strecke vom so genannten „Culemeyer-Straßentransporter“ ab dem Jahr 1937 übernommen.
Die Lokomotiven befuhren die exakt 3,834 km lange Strecke im Einrichtungsbetrieb, d.h. sie wurden an den Endpunkten nicht gewendet, sondern nur „umgesetzt“. Deshalb standen sie stets an der Spitze des Zuges, und zwar im Bahnhof Alsenz mit der Rauchkammertür (Vorwärtsfahrt) und in Obermoschel mit dem Führerhaus (Rückwärtsfahrt) in Fahrtrichtung. Je nach Bedarf bestanden die üblichen Zuggarnituren aus bis zu zwei Personenwagen mit ein oder zwei Packwagen. Zusätzlich an diese planmäßigen Personenzüge (bis zu 9 Zugpaare täglich) wurden, falls erforderlich, Rollschemelwagen mit den in Alsenz abzuholenden Normalspurgüterwagen angehängt.
Heute erinnern nur noch wenige Relikte daran, dass hier fast 32 Jahre lang eine dampfbetriebene Schmalspurbahn verkehrte, denn die Gleisanlagen wurden schon kurz nach der Einstellung des Betriebes abgebaut.
In Alsenz führt, eingebunden in den Rheinland-Pfalz-Takt, nach wie vor die DB-Strecke von Hochspeyer nach Bad-Münster am Stein-Ebernburg („Alsenzbahn“) vorbei, das dem Zeitgeschmack und den heutigen Verkehrsverhältnissen angepasste Bahnhofsumfeld lässt jedoch keine Rückschlüsse mehr auf die früheren Bahnanlagen zu.
In Obermoschel diente das Bahngelände noch bis 1959 als Busbahnhof mit Güterannahmestelle, bis 1975 dann nur noch als Abfahrtstelle für Bahnbusse. Beim erhalten gebliebenen Empfangsgebäude, vom heutigen privaten Eigentümer wieder weitgehend in den Zustand um 1935 zurückgebaut und als Wohn- und Geschäftshaus genutzt, ist noch immer die Culemeyer-Laderampe zu erkennen. Dabei musste auch die alte an den Bahnhof anschließende Güterhalle 1996 einem Wohnhausneubau weichen. Ebenso wurde 1999 der ehemalige Lokschuppen abgerissen. An seiner Stelle findet man heute ein neueres Betriebsgebäude, welches von der Deutschen Post AG als Zustellstützpunkt betrieben wird.
In Niedermoschel, der ehemalige Haltepunkt lag gegenüber dem heutigen Dorfgemeinschaftshaus, wurde ein Stück der alten Trasse als „Bahnstraße“ verewigt, in Alsenz und in Obermoschel heißen die Zufahrten natürlich auch noch immer „Bahnhofstraße“.
Um dieses Kapitel nordpfälzische Verkehrsgeschichte nicht ganz in Vergessenheit geraten zu lassen, beschreiben Veröffentlichungen wie „’s Bawettche“ von Dr. Rainer Schlundt, „Damals“ von Alfred Schrick oder die Chronik „650 Jahre Obermoschel 1349-1999? (alle leider bereits vergriffen) allerdings noch heute sehr anschaulich, wie diese Schmalspurbahn in besonderer Weise ihre Zeit bis zur Einstellung des Verkehrs am 1.8.1935 geprägt hat.
Der 100. Jahrestag der Streckeneröffnung wurde im Dezember 2003 anlässlich des Alsenzer Weihnachtsmarktes mit einer Dokumentarausstellung im Alten Rathaus feierlich begangen, in kleinerem Rahmen kurz darauf auch nochmals im Obermoscheler Bahnhof.
Zur Erinnerung an dieses Jubiläum ist im Jahr 2005 am Bahnsteig 1 in Alsenz die Silhouette des Zuges (Lok mit Packwagen, Personenwagen und Rollschemelwagen) mit Erinnerungstafel auf einem extra zu diesem Zweck aufgestellten alten Prellbock montiert worden. Seit April 2009 ist das gleiche Motiv auch in Niedermoschel auf einer Mauer beim Bürgerhaus in der Bahnstraße zu sehen. In Obermoschel soll die Aufstellung ebenfalls noch an geeigneter Stelle erfolgen.
Joachim Herr, Obermoschel 04/2009